In einem regelmäßigen Takt will sie die Bahnkunden zwischen dem Bahnhof am Rhein und dem letzten Halt an der Mittelahr hin und her transportieren. Für Christian Sauer eine Herkulesaufgabe. Der Wirtschaftsbauingenieur und sein Team managen die größte und mutmaßlich teuerste Baustelle im von der Naturkatastrophe heimgesuchten Ahrtal. Vor Ort informierte sich jetzt der Leiter des Verbindungsbüros der Landesregierung für den Wiederaufbau in den von den Starkregen im Juli 2021 betroffenen Regionen in Rheinland-Pfalz, Thomas Weimer, über den Stand der Arbeiten.
Neun Ahrbrücken beschädigt zerstört oder beschädigt
Die Strecke zwischen Walporzheim und Ahrbrück war bei der Katastrophe im Sommer 2021 nahezu komplett zerstört worden. Neun Ahrbrücken und nahezu alle Stützbauwerke sowie Bahndämme wurden zerstört oder massiv beschädigt. 16 Kilometer Gleise sowie acht Weichen wurden von der Urgewalt des Wassers weggerissen. Sechs Bahnhöfe und sieben Bahnübergänge müssen instandgesetzt werden. Und auch vom parallel zur Bahn laufenden Radweg blieb nichts übrig. Und weil dieser Radweg für die Tourismuswirtschaft im Ahrtal ein unverzichtbarer Bestandteil des Angebotes ist, wird er beim Neubau der Ahrtalbahn in Zusammenarbeit mit dem LBM wieder mit aufgebaut. Dadurch wird die Region nahezu zeitgleich mit der Inbetriebnahme der Bahnstrecke wieder über einen durchgehenden Radweg verfügen.
Soweit die Vorgaben für Christian Sauer und sein Team. Dahinter verbirgt sich eine schier unendliche Zahl an Einzelmaßnahmen, die koordiniert werden müssen. Das Bauunternehmen Leonhard Weiss und seine Nachunternehmer mit mehreren hundert Mitarbeitern sind im Ahrtal mit schweren Baumaschinen dabei, die Vorarbeiten für den eigentlichen Wiederaufbau zu bewerkstelligen. Tiefbau, Hochbau, Arbeiten im Gewässer, Tunnelarbeiten – das ganze Spektrum der Bauwirtschaft ist zwischen Walporzheim und Ahrbrück im Einsatz. Fast schon unbemerkt dazu laufen auf dem Abschnitt zwischen Remagen und Ahrweiler die Vorbereitungen für die Elektrifizierung der Strecke sowie die neue Stellwerkstechnik.
Ausweichquartiere für geschützte Tiere nötig
Und jedes Gewerk hat seine besonderen Herausforderungen. So werden derzeit in drei der fünf Tunnel die Röhren mit Spritzbeton gesichert. Weil der Beton aber die Schlaf- und Nistplätze der Fledermäuse zerstört, müssen parallel Ausweichquartiere für die geschützten Tiere geschaffen werden. Zudem reicht in den Tunnels in Altenahr und Mayschoß das Tieferlegen der Gleise für die künftigen Oberleitungen nicht aus, hier muss der Röhrendurchmesser vergrößert werden.
Und zur Komplexität im Einzelfall kommt auch noch die Genehmigungspflicht für alles, was auf und an den Baustellen passiert. „Wir profitieren hier beim Wiederaufbau an der Ahr von einem vereinfachten Planrecht, was zu einer echten Beschleunigung des Projektes führt und vieles effizienter macht.“, erzählt Christian Sauer. „Wir merken hier von Anfang an den Wunsch aller Beteiligten, für die Menschen vor Ort schnellstmöglich wieder ein Bahnangebot zur Verfügung zu stellen. Langweilig wird es trotzdem nicht, denn im Regelgeschäft haben wir gemeinsam auch manch dickes Brett zu bohren“, sagt Sauer.
Temporäre Umleitungen der Ahr nötig
Etwa wenn es um die Rückverlegung der Ahr in der Laacher Schleife bei Mayschoß geht. Da hat sich das Ahrbett durch die Fluten im Juli 2021 um rund 14 Meter in Richtung Berg verschoben und den Bahndamm angegriffen. Dort, wo jetzt schwere Traktoren mit Ahrgestein eine Uferböschung bauen, wird später wieder die Ahr fließen. Aber auch temporäre Ahrumleitungen mit Betonklötzen, die gewaltigen Legosteinen gleichen, müssen angemeldet und genehmigt werden. An diesen Umleitungen sollen später Bohrfahrzeuge, Lkw und Betonmischer sicher stehen, die für den Bau der Widerlager der Brücken gebraucht werden.
Bei Marienthal laufen bereits die Bohrarbeiten für die Tiefgründungen der Brücke, im kommenden Jahr werden die Betonarbeiten starten. Sie wird die erste aus vorgefertigten Teilen bestehende Brücke sein, die sich wieder über die Ahr spannt. Die Saffenburgbrücke bei Mayschoß und die in Altenahr werden folgen.
Recycling des Betonbruchs erfolgt in Kreuzberg
Für Christian Sauer steckt die Baustelle Ahrtalbahn jeden Tag voller Überraschung. Ein Problem der vergangenen Wochen hat er wieder aus den Füßen: Das Recycling des Betonbruchs, der beim Abriss der „Ahrtalbahn alt“ entstanden ist und wiederverwertet wird, wird in Kreuzberg erfolgen. Rund 20.000 Kubikmeter Material, das sich im Tal stapelte, wird jetzt sukzessive nach Kreuzberg gebracht und aufgearbeitet. Für Christian Sauer und sein Team von der DB Netz eine Maßnahme weniger auf der schier endlosen Liste, die es noch abzuarbeiten gilt. Die Uhr tickt! Ende 2025 will die Ahrtalbahn zurück aufs Gleis.