| Wiederaufbau

„Es ist schon wieder so viel möglich hier bei uns im Ahrtal“

Eine Hoteliersfamilie aus Ahrweiler hat im Juli 2022 ihren Betrieb wieder geöffnet – wie war das erste Jahr?
Die Wiederaufbaubeauftragte der Landesregierung, Staatssekretärin Nicole Steingaß, und Thomas Weimer, Leiter des Verbindungsbüros des Landes in Ahrweiler, freuen sich mit Lea, Katja, Leon und Sebastian Kniel über den gelungenen Neustart ihres Hotels.
Die Wiederaufbaubeauftragte der Landesregierung, Staatssekretärin Nicole Steingaß, und Thomas Weimer, Leiter des Verbindungsbüros des Landes in Ahrweiler, freuen sich mit Lea, Katja, Leon und Sebastian Kniel über den gelungenen Neustart ihres Hotels.
So sah es nach der Katastrophe vor dem Hotel in der Plätzerstraße aus.
So sah es nach der Katastrophe vor dem Hotel in der Plätzerstraße aus.

„Wir haben wieder geöffnet“. Seit dem 22. Juli 2022, fast exakt ein Jahr nach der Naturkatastrophe im Juli 2021, haben Sebastian und Katja Kniel ihr Hotel Garni in der Ahrweiler Innenstadt wieder geöffnet. Komplettiert, saniert und modernisiert im von der Flut zerstörten Erdgeschoss präsentiert sich jetzt die „Eckschänke“ ihren Gästen. Wie war das erste Jahr nach der Wiedereröffnung? Welche Erwartungen hat das kleine Familienunternehmen für die Zukunft? Das wollte jetzt die Wiederaufbaubeauftragte der Landesregierung, Staatssekretärin Nicole Steingaß, von den beiden Jungunternehmern wissen. 

Die wechselvolle Geschichte der Hotelierfamilie beginnt 2017. Und der Start ist alles andere als leicht. 2017 steigen der Tourismusfachmann Sebastian Kniel und seine Ehefrau Katja, gelernte Mediengestalterin, als Pächter ins Hotel Eckschänke in der Plätzerstraße zwischen Ahrtor und Marktplatz ein. Nach dem Tod der Eigentümerin kaufen sie 2018 das seit Generationen als Familienunternehmen geführte Haus in der historischen Altstadt von Ahrweiler. Und dann werden die Kniels von Ereignissen überrollt, die sie so weder in  ihrer Lebensplanung noch im Businessplan für ihr Haus vorgesehen hatten. 2020 kommen Corona und der Lockdown. Und kurz nach der Wiedereröffnung, in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021, bricht  die Naturkatastrophe über das Ahrtal hinein. 

Das Wasser steht 1,80 Meter hoch

Vor dem Haus und im Hof des Hotels stapeln sich am Morgen des 15. Juli 2021 Autos, Bäume und sonstiger Unrat von den Ahrfluten. 1,80 Meter hoch steht das Wasser im Erdgeschoss des Hotels. Rezeption, Küche, Frühstücksraum – alles komplett zerstört. Doch für die Kniels steht vom ersten Tag nach der Flut fest. „Wir geben nicht auf, wir machen weiter.“ Sie nutzen die Katastrophe als Chance. Dass Hotel wird einer Generalsanierung unterzogen. 

Das in die Jahre gekommene Erdgeschoß mit dem „Charme“ der 60er- und 70er-Jahre wird komplett modernisiert. Neue Böden, freundliche, helle Farben und ein modernes Mobiliar prägen heute das Garni-Hotel. Und auch in die Gästezimmer wurde kräftig investiert. Geholfen haben beim Wiederaufbau nicht nur die Elementar- und Ausfallversicherung, die Sebastian Kniel nach dem Kauf des Hauses abgeschlossen hatte, sondern auch Familie, Freunde und Bekannte, die ihr technisches Können und ihre Arbeitskraft beim Wiederaufbau einbrachten.

Auch kleine Hotels haben ihren Markt 

Für die Kniels war der Neubeginn in der „Eckschänke“ keine Wette auf bessere Zeiten. Sebastian Kniel kennt das Tourismusgeschäft im Ahrtal aus dem Effeff. Beim Ahrtaltourismus hat er eine Ausbildung gemacht. Er weiß, welches Potenzial das Tal hat. Auch kleine Hotels wie seines mit 18 Zimmern haben ihren Markt. „Es werden nicht nur Vier-Sterne-Hotels gebraucht. Für Familien und Wanderer muss es auch günstigere Unterkunftsmöglichkeiten für Kurzreisen oder längere Urlaube geben.“

Die Kniels wissen aber auch, dass es noch Jahre dauern wird, bis das Ahrtal sich wieder in voller Blüte seinen Gästen präsentieren kann. Daran will auch Sebastian Kniel mitarbeiten und engagiert sich im Vorstand des Ahrtaltourismus. Das neue Tourismuskonzept, das Wanderer, Radfahrer, Familien und Weinfreunde gleichermaßen ansprechen soll und mehr Erlebnis ins Tal bringen will, sei in der Umsetzung. Er weiß aber auch um die Schwachstellen: „Uns fehlen immer noch rund 1.000 Betten in Hotels und Pensionen. Die fehlenden Kapazitäten wirken sich vielfältig aus: auf Restaurants, Einzelhandel und auch den Umsatz bei den Veranstaltungen.“

Tourismusgeschäft mit Handwerkerbuchungen kompensiert

Die Bilanz für das erste Jahr fällt bei den Kniels dennoch zufriedenstellend aus. Das kränkelnde Tourismusgeschäft konnte mit Übernachtungen von Handwerkern, die im Tal arbeiten, kompensiert werden. Aber auch das klassische Geschäft mit Reiselustigen zieht wieder an. Im August, September und Oktober 2023 sind die Kniels weitestgehend wieder ausgebucht. Und den Gästen wird nicht langweilig, weiß Sebastian Kniel. „Es ist schon wieder so viel möglich hier bei uns im Ahrtal.“      

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