„Über 50 Prozent unserer Energie verbrauchen wir alleine für die Erzeugung von Wärme, wobei der Großteil – über 80 Prozent – der Wärme immer noch aus fossilen Energieträgern stammt. Eine zukunftsfähige Wärmeversorgung auf Basis klimafreundlicher Geothermie wie hier in Altenburg hat damit Vorbildfunktion im Land und leistet einen erheblichen Beitrag zur Erreichung unserer Klimaziele“, so Klimaschutzministerin Katrin Eder. Gemeinsam mit Landrätin Cornelia Weigand, Verbandsbürgermeister Dominik Gieler und Ortsbürgermeister Dr. Neofitos Arathymos hat sie am heutigen Montag in Altenburg, einem Ortsteil von Altenahr, ein kaltes, passives Nahwärmenetz offiziell in Betrieb genommen. Mithilfe von oberflächennaher Geothermie können zukünftig rund 100 Gebäude beziehungsweise rund 18.000 m² beheizte Fläche im Ort mit nachhaltiger Wärme versorgt werden.
Die Energieagentur Rheinland-Pfalz und die Hochschule Mainz – beide arbeiten im Kompetenzzentrum Nahwärme eng zusammen – haben den Bau des Wärmenetzes initiiert und von Anfang an begleitet. Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) hat mit einer Förderung in Höhe von knapp 1,8 Millionen Euro zur Realisierung beigetragen. Dabei sind 83 Prozent der Fördermittel aus dem EFRE-Fonds Rheinland-Pfalz und 17 Prozent aus Landesmitteln. „Kalte Nahwärme ist eine Investition in die Zukunft unserer Gemeinde“, ist Dr. Neofitos Arathymos, Ortsbürgermeister von Altenahr, überzeugt.
Wärmenetz ist für rund 100 Liegenschaften ausgelegt
Damit ein Kaltes Nahwärmenetz wirtschaftlich ist, braucht es genügend Hausbesitzer, die von dieser Technologie überzeugt sind oder sich überzeugen lassen. In Altenburg ist dies gelungen. Rund 30 Gebäude sind bereits an das Netz angeschlossen, weitere folgen in den nächsten Ausbaustufen. Insgesamt sollen rund 100 Liegenschaften an das kalte Nahwärmenetz angeschlossen werden, darunter Einfamilienhäuser und zwei Schulen. Das Netz ist so ausgelegt, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt weitere Haushalte anschließen können. Dadurch ließen sich die Betriebskosten weiter senken.
Das Nahwärmenetz wurde von der Ortsgemeinde Altenahr angeschoben, die es auch betreiben wird. So kann sie die künftigen Entwicklungen des Netzes selbst steuern und zudem wird durch diesen Schritt die regionale Wertschöpfung weiter gesteigert.
Kalte Nahwärme ist besonders effizient
Die Wärme wird ausschließlich über Erdwärmesonden gewonnen. In Altenburg wurden drei Sondenfelder mit insgesamt 75 Erdwärmesonden angelegt. Die Sole-Sonden werden in eine Tiefe von 120 Metern eingelassen. Sie nehmen die umliegende Erdwärme auf, die ganzjährig bei zehn bis zwölf Grad liegt. Über ein Wärmeträgermedium, oft ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel, wird die Erdwärme in einem Ringleitungssystem zu den einzelnen Hausanschlüssen transportiert und von den lokalen Wärmepumpen auf das gewünschte Temperaturniveau angehoben. „Kalte passive Nahwärme ist besonders effizient: Aufgrund des niedrigen Temperaturniveaus des zirkulierenden Wärmeträgermediums entstehen kaum Leitungsverluste“, führt Prof. Thomas Giel, Hochschule Mainz, aus. Paul Ngahan, Energieagentur Rheinland-Pfalz, ergänzt: „Die Rohrleitungen und andere Komponenten, müssen nicht gedämmt werden. Die Netze sind wartungsarm und erfordern kaum Instanthaltungsarbeiten, was gerade in Zeiten steigender Energiepreise ein wichtiger Kostenfaktor ist.“
Mit Kalten Nahwärmenetzen lassen sich Gebäude besser temperieren
Mit Kalter Nahwärme werden Gebäude im Winter so beheizt, dass für die Bewohnerinnen und Bewohner eine behagliche und angenehme Temperatur in den Räumen vorherrscht. Doch ein Kaltes Nahwärmenetz kann mehr: Es bietet die Möglichkeit Häuser und Wohnungen im Sommer ökologisch und wirtschaftlich zu temperieren. Denn die in den sommerlich-heißen Innenräumen aufgenommene Wärme kann aus dem Gebäude abgeführt und über die Leitungen wieder ans Erdreich abgegeben werden. Dadurch regenerieren sich die Erdsondenfelder.
Das Ahrtal entwickelt sich zu einer Modellregion für Nahwärmeprojekte
Nach der verheerenden Flut im Juli 2021 waren in vielen Gemeinden im Ahrtal die privaten und kommunalen Heizinfrastrukturen zerstört. Ausgelaufenes Öl, Chemikalien und die Fäkalien zerstörter Kläranlagen haben große Umweltzerstörungen hervorgerufen. Deshalb und aus Gründen des Klimaschutzes entstand die Idee, das Ahrtal zu einer Modellregion für klimafreundliche und nachhaltige Wärmeversorgung auszubauen.
Die erste Gemeinde, die nach der Flut ein Nahwärmenetz im Ahrtal aufgebaut hat, war Marienthal. Dort wurde eine zentrale Heizstation aufgebaut, in der Holzhackschnitzel verfeuert werden. Zusätzlich kommt Solarthermie zum Einsatz. Dernau und Mayschoß setzen, wie Marienthal, auf ein warmes Nahwärmenetz. Neben Altenburg betreibt die Gemeinde Rech ein kaltes Nahwärmenetz. Auch in Liers soll diese Nahwärmelösung demnächst umgesetzt werden.
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